Um das Traumamodell der Dissoziation zu testen, verglichen die Autoren zwei Stichproben mit ähnlichen Raten von berichtetem körperlichen und sexuellen Missbrauch in der Kindheit: 502 Angehörige der Allgemeinbevölkerung in Winnipeg, Kanada, und 304 ambulante Psychiatriepatienten im Shanghai Mental Health Center in Shanghai, China. In China ist die dissoziative Identitätsstörung weder in der Bevölkerung noch in der Fachwelt bekannt, so dass eine Kontamination durch die Fachwelt und die Bevölkerung nicht möglich ist. Nach dem Traumamodell sollten Proben aus verschiedenen Kulturen mit ähnlichem Trauma ähnliche Dissoziationsgrade aufweisen. Nach dem soziokognitiven Modell hingegen steht pathologische Dissoziation nicht in Zusammenhang mit einem Trauma und sollte in Stichproben, die frei von kultureller und beruflicher Kontamination sind, nicht vorhanden sein. Von den 304 chinesischen Befragten berichteten 14,5 % über körperlichen und/oder sexuellen Missbrauch in der Kindheit, verglichen mit 12,5 % der kanadischen Stichprobe. Beide Stichproben berichteten auf der Skala für dissoziative Erlebnisse und dem Dissociative Disorders Interview Schedule über ähnliche Dissoziationsgrade. Die Ergebnisse unterstützen eine spezifische Vorhersage des Traumamodells der Dissoziation, die in früheren Untersuchungen nicht getestet wurde, und stehen nicht im Einklang mit den soziokognitiven, kontaminierenden oder iatrogenen Modellen der dissoziativen Identitätsstörung.