Der Hypothalamus, Hormone und Hunger: Veränderungen bei menschlicher Fettleibigkeit und Krankheit

Fettleibigkeit ist eine große globale Epidemie mit weltweit über 300 Millionen fettleibigen Menschen und fast 1 Milliarde übergewichtigen Erwachsenen. Übergewicht birgt erhebliche gesundheitliche Risiken, vermindert die Lebensqualität und beeinträchtigt den sozioökonomischen Erfolg, was tiefgreifende Folgen für die Gesundheitsausgaben hat. Die erfolgreichste Behandlung der Adipositas ist die Magenbypass-Operation, die zum Teil durch Veränderungen der Darmhormone den Appetit reduziert. Die zirkulierenden Darmhormone, die nach der Nahrungsaufnahme ausgeschüttet oder unterdrückt werden, wirken im Gehirn, insbesondere im Hypothalamus, um Hunger und Sättigung zu beeinflussen. Das aus dem Magen stammende Ghrelin steigert die Nahrungsaufnahme sogar bei Menschen, die aufgrund einer chronischen Krankheit magersüchtig sind, während das Pankreaspolypeptid (PP), das intestinale Peptid YY 3-36 (PYY), Oxyntomodulin und andere Hormone die Nahrungsaufnahme und den Appetit verringern. Während bei fettleibigen Personen das orexigene Ghrelin entsprechend reduziert ist, können andere Störungen der Darmhormone zur Fettleibigkeit beitragen, wie z. B. ein reduziertes anorexigenes PYY und PP. Das Prader-Willi-Syndrom (PWS) entsteht durch den Verlust von väterlicherseits vererbten Genen auf Chromosom 15q11-13, was zu lebensbedrohlichem unstillbarem Hunger und Fettleibigkeit in der frühen Kindheit führt, und zwar durch Entwicklungsstörungen des Gehirns, insbesondere des Hypothalamus. Die Untersuchung genetisch homogener Ursachen für abnormales Essverhalten trägt zu unserem Verständnis der Appetitregulation bei. PWS-Patienten haben einen für ihre Fettleibigkeit unangemessen hohen Plasmaghrelinspiegel, der sich zumindest teilweise durch eine erhaltene Insulinempfindlichkeit erklären lässt. Es ist noch nicht bewiesen, ob ihre Hyperghrelinämie oder andere Anomalien der Darmhormone zusätzlich zu den Hirndefekten zur Hyperphagie bei PWS beitragen. Postmortem-Untersuchungen des menschlichen Hypothalamus und die Entwicklung von Tiermodellen für PWS können ebenfalls Aufschluss über die Pathophysiologie des abnormalen Fressverhaltens geben. Veränderungen in den hypothalamischen orexigenen NPY- und AGRP-Neuronen oder anorexigenen Oxytocin-Neuronen wurden bei Krankheit und PWS festgestellt. Funktionelle Neuroimaging-Studien unter Verwendung von PET und fMRI werden es uns auch ermöglichen, die für die Kontrolle des menschlichen Appetits verantwortlichen Hormon- und Gehirnbahnen und ihre Defekte bei Adipositas zu entschlüsseln.